...vereinen sich dem Blick alte Architekturen mit den modernen Stilformen der Industrie
Summitar 5 cm
[neuer Gelatinesilberabzug, 18,1x 26,6 cm]
Zwar - „die Cameralen“ mitsamt ihren Familien überboten sich nicht gerade in Bescheidung, sondern stellten erhebliche Ansprüche in jeder Form, obwohl sie froh sein konnten, so schnell hier unterzukommen bei ihrer Flucht, zumal Frankfurt sich ihnen verschloß. Natürlich fanden sie mancherlei auszusetzen an der kleinen Stadt und ihrer gewissen Primitivität. Immerhin brachten sie auch neue Bewegung, neue Arbeit für das Handwerk, das sich gezwungen sah, sich dem verfeinerten Geschmack der verwöhnten Familien anzupassen, und brachten damit auch eine kleine neue Blüte.
Diese neue Bürgerklasse bestand in erster Linie auf Besserung der hygienischen Verhältnisse. Sie hatte begreiflicherweise weder Verständnis für die Dunghaufen vor den Türen noch für die gefährlichen Strohdächer in der Enge der Stadt und demgegenüber für die überaus mangelhaften Feuerverhütungs-Maßnahmen und -Geräte. Die schweren Brände in Gewandgasse, Schmiedgasse und Baugasse, denen zum Glück das charakteristische „Haus zur Sonne“ entging, gaben ihren Bemängelungen nur zu recht. Man stelle sich das Grauen eines großen Feuers vor, dessen man mit kleinen Ledereimern in langer Kette Herr werden sollte! Und wenn nun durch dieses unaufhörlich Strittige und Fragliche kein rechter Zustand des Friedens in der Stadt war, so blieb sie doch wenigstens durch Anwesenheit des Kammergerichts von Einquartierungen für die Dauer des Raubkrieges verschont. Aber auch die Kriege Friedrichs des Großen gingen über sie hin und behelligten die Stadt wie die gesamte Gegend bis Gießen überaus schwer. Noch schwerer war für alle die eigentliche „Franzosenzeit“ während der Auseinandersetzungen zwischen französischen und österreichischen Truppen, bis endlich die ganze Reichsstadtherrlichkeit im Jahre 1803 ihr Ende fand. Als Grafschaft wurde Wetzlar einem für den Erzbischof des Mainzer Stuhls neuerrichteten Staat zugeteilt.
Es ist wenig erhebend, den ewigen Kämpfen einer Reichsstadt, den ewigen Wirren der damaligen Politik nachzugehen, weil sie uns, an den gewaltigen Umwälzungen unserer Zeit gemessen, geradezu grotesk in Kleinlichkeit des Haders anmuten. Aber schließlich läßt sich nicht leugnen, daß auch in einem späterhin vereinigten Deutschland die Einigkeit nicht eben überwältigend war, ja, daß selbst im Unheil zweier Weltkriege der Weg zu schließlichem Frieden nicht zu finden ist, sondern der Fluch des Brudermordes unüberwindlich scheint.