Treppenhaus in einem alten Patrizierhaus an der Hausergasse
Summaron 3,5 cm
[neuer Gelatinesilberabzug, 26,6 x 18,2 cm]
Es hätte weder des großen Brandes von 1333 bedurft, der in der Enge der Gassen verheerend gewesen sein muß, noch des schwarzen Todes 1349 sowie später noch weiterer Seuchen, dieser unheimlichen Geißeln einer wehrlosen Menschheit damaliger Zeit, um den Verfall seinem Tiefpunkt zuzutreiben. Ende des 16. Jahrhunderts ist Wetzlar fast entvölkert, in den grasüberwucherten Gassen weidet das Vieh, die Handwerkerhäuser sind Ruinen, die stolzen Gewölbe der früheren Handelsherren verschlossen und ohne Leben.
All diese Zeiten des Unglücks, der Prüfungen, des Haders, des Hin und Wider zwischen den Fürsten, des Rückgangs der Produktion und der Märkte - überstand das Stift. Ja, es überdauerte auch den Zwiespalt, den die Reformation in Bevölkerung wie in Geistlichkeit trug. Es bestand mit offenbarem Erfolg auf seinen alten Rechten, zumal der Kaiser nicht vergaß, daß die Stifter seine eigenen Vorfahren gewesen. So konnte es erreichen, daß nur ein Teil seiner Erträge der protestantischen Pfarrei überlassen, und der Dom wohl für Ausübung des katholischen wie des protestantischen Gottesdienstes eingeteilt wurde, immer aber dem katholischen Stiftsdekan unterstand.
Vielfach waren Geschichtsschreiber der Meinung, erst der Dreißigjährige Krieg sei Anlaß des völligen Niedergangs der Stadt gewesen, nachdem alle früheren Wirren beigelegt und mehr oder weniger überwunden waren. Dem ist nicht so. Der eigentliche Ruin der Stadt hinsichtlich ihres Ansehens und ihrer Bedeutung im Reich war schon erfüllt. Ernteausfälle hatten die innere Not gesteigert, die gehorteten Rückstände verzehrt, und genau besehen war eigentlich nichts geblieben, was eine Brandschatzung noch gelohnt hätte.