Reichskammergerichtshaus am Buttermarkt, in dem Goethe sich nur selten an der Bearbeitung der langwierigen Kameralprozesse beteiligte, mit dem heute wie damals herrschenden Marktleben
Elmar 5 cm
[alter Gelatinesilberabzug, 22,8 x 16,7 cm]
Da besagter Platz, nämlich die Berghöhe östlich des Lars an der Wetz, Krongut war, galt das Stift als Reichskirche. Seine Anfänge ausgangs des 8. Jahrhunderts dürften in baulicher Hinsicht noch bescheiden gewesen sein, wuchsen sich aber rasch aus, wie sich der Ring der Handwerker und anderen Ansässigen, die sich an seiner vorläufigen Pallisadenumzäunung in Enge und Bescheidung niederließen, bald erweiterte und dem Ganzen nach damaligen Begriffen den Rahmen einer kleinen Stadt gab. In ihr hatte naturgemäß das Stift die Oberhand, hatte die Gerichtsbarkeit und viele andere Vorrechte lukrativer Art, vor allem die Regelung des Marktes, der sich innerhalb seines Schutzes abspielte und für den Zölle erhoben wurden, wenn fremde Händler einheimische Erzeugnisse erhandelten oder gegen fremde tauschten.
Immerhin war diese erste Stiftskirche ein romanischer Bau von einiger Wucht. Wie ja seltsam zu beobachten ist, daß Dome und Klosterkirchen in verhältnismäßig kleinen Gemeinden grundsätzlich ungeheure Bauten darstellen, die heute wohl der Bevölkerung einer Großstadt als Weihestätte für ihre frommen Bedürfnisse dienen könnten. Beim alten Teil des Doms ist allerdings ziemlich klar ersichtlich, daß diese Großzügigkeit des Bauens und Schwere der Gesamtanlage nicht nur dem Verlangen entsprang, der Größe des Glaubens und der Frömmigkeit betonten Ausdruck zu geben. Vielmehr dienten im Falle Wetzlars die aus klobigen Basalt-Schal- und Sandsteinquadern errichteten romanischen Türme zugleich als Kasematten, lichtlos bis zu beträchtlicher Höhe und nur mit schmalen Sehschlitzen und Schießscharten versehen. Hier lagen in kriegerischen Zeiten die Männer der Verteidigung, während Alte, Frauen, Kinder mitsamt Hausrat und Vieh im Gotteshause selbst Zuflucht fanden. Der strategische Sinn des Unternehmens wird - abgesehen von frühen Waffenfunden in den Turmräumen - an den alten romanischen Pfeilergewänden des „Heidentores“ grausig klar anhand von Einschnitten und Furchen. Sie verraten, welche Art von Waffen die Krieger damals trugen und hier schliffen. Denn Streitaxt, Speerspitze und Schwert, an der Kirche geschärft, versprachen sicheren Sieg. Grotesker Gedanke: Kein Krieger scheute sich, mit Gott und Kirche paktieren zu wollen um Sieg in Totschlag und Brudermord. Denn allenthalben auf Erden wuchs seit Kain die Unkultur des Faustrechts, die bis heute durch keinerlei Kultur des Geistes zu überwinden war, vielmehr jeden Fortschritt und alle geistigen und technischen Errungenschaften in immer höherer Vollendung in dessen furchtbaren Dienst stellte.